Im Bauch des Drachen

Im Drachenboot auf der Mosel

Wir sitzen alle in einem Boot. Im Rhythmus der Trommel tauchen die Paddel ins trübe Flusswasser.
Zack! Ich bin aus dem Takt gekommen, warte zwei Schläge ab und reihe mich in das gleichmäßige Eintauchen und Ziehen ein.
Hinter mir ertönt die laute Stimme der Steuerfrau. „Eins, zwei, drei..., hört auf die Trommel! Jetzt zehn Züge mit Kraft, eins, zwei, drei... .“
Der Drache gleitet schneller durchs Wasser, er atmet, pumpt. Leben pulsiert durch seinen Rumpf. Geschwind, Drache, geschwind. Eins, zwei, drei... .
Zack! Wieder aus dem Rhythmus, zwei Schläge warten, paddeln.
Mein Kopf ist leer, Spannung in den Beinen, die Arme erlahmen.
Die Steuerfrau feuert uns an. „Und jetzt, eins Klack, zwei Klack, drei Klack, ...!“ Klack? Wieder aus dem Rhythmus..., Pause.
Der Drache gleitet lautlos über die Wasseroberfläche.
Meine Sorgen habe ich über Bord geworfen. Hatte ich Sorgen, Ärger, Ängste? Ich kann mich nicht daran erinnern.
Seitenwechsel. Man muss sorgsam vorgehen, denn der Drache könnte kentern. Aber keine Bange, in seinem Bauch ist Luft für mehrere Stunden.
Ein Seitenwechsel bringt stets eine neue Perspektive.
Ein Blick zur Brücke, zur untergehenden Sonne, Abendstimmung am Fluss.
Die Steuerfrau wendet das Boot. Es geht mit der Strömung zurück zum Steg.
„Hört auf die Trommel, eins, zwei, drei...!“
Paddel hoch. Der Drache legt an. Schnaubt seine letzten Atemzüge und zweiundzwanzig Drachenfreunde ziehen ihn ans Ufer.
Der Drache ist tot! Doch nur so lange, bis er wieder im trüben Wasser des Flusses, mit dem Schlag der Trommel, zum Leben erwacht.

Ich steige ins Auto. Neben mir sitzen, triefnass, die Sorgen, der Ärger, die Ängste und wie die Biester alle heißen, die das Leben schwer machen. Ich dachte, sie wären im Flusswasser elendig ersoffen. Sie können schwimmen und haben sich ans Ufer gerettet.
Wartet ab, wenn der Drache nicht mehr kopflos ist, wird er die Biester verschlingen.
Der Tag wird kommen, wenn er Feuer spuckt und sein mächtiger Schwanz durch die Luft saust.
Ich hoffe, ich bin dann an Bord.

DRACO TREVERORUM, das Drachenboot der Rudergesellschaft Trier

http://www.rudergesellschafttrier.de/index.php/drachenboot/

Das letzte Rennen

http://www.rudergesellschafttrier.de/ind...-grosze-rennen/

http://mobil.volksfreund.de/nachrichten/...art8042,4504795

Buchrezension

MOMO
Autor Michael Ende, Verlag Thienemann, Seitenzahl 301, 10€

Momo, wer kennt nicht das Mädchen, dem es gelingt, mit Unterstützung einer Schildkröte, den Menschen die gestohlene Zeit zurückzubringen. Die Zeit ist knapp, obwohl die Menschen noch nie so viel Zeit haben wie hier und heute oder da und dort. Wichtige Dinge bleiben auf der Strecke. Dinge, die das Leben wertvoll und lebenswert machen. Momo bemerkt, dass etwas nicht stimmt und kommt den grauen Herren auf die Schliche. Doch die Erwachsenen wollen nicht auf die Kinder hören. Vor 45 Jahren ist dieses Buch erschienen und passt seltsamerweise auch in unsere Zeit, so wie Michael Ende es in seinem Nachwort prophezeit hat. Sollten die grauen Herren wieder am Werk sein? Ja, sie haben sich etwas Neues einfallen lassen. Sie sitzen in den PCs, Tabletts und Smartphones und stehlen Zeit, unsere Zeit. Dabei schwören die Nutzer der modernen Spielzeuge, dass man durch deren Gebrauch eigentlich Zeit einspart. Brauchen wir wieder eine Momo, die diesen Kerlen das Handwerk legt? Ja, es ist wieder an der Zeit, dass Meister Hora die Uhren stillstehen lässt, denn sonst ist es um uns schlecht bestellt. Wenn nichts geschieht, treibt die Inflation die Zeitsparkassen in den Ruin!
Fazit: Wer vor einigen Jahrzehnten dieses Buch bereits gelesen hat und es jetzt wieder in die Hand nimmt, wird überrascht sein. Michael Ende, einer unserer größten Jugendbuchautoren, hat mit „Momo“ eine zeitlose Geschichte geschrieben, die nichts an Aktualität verloren hat."

veröffentlicht: Krautzone 4.Ausgabe, April/Mai 2018

Buchrezension

Alexis Sorbas
Autor Nikos Kazantzakis, Verlag PIPER, Seitenzahl 352, 11€

Der 1882 auf Kreta geborene Nikos Kazantzakis ist ein Autor mit vielen Facetten. Nach dem Jurastudium und dem Studium der Staatswissenschaften arbeitete er als Journalist, Auslandskorrespondent, Übersetzer und Autor. Gemeinsam mit einem Freund versuchte er sich als Pächter eines Bergwerks. Das Projekt scheiterte und lieferte ihm 30 Jahre später die Vorlage zum Roman „Alexis Sobas“, mit dem der mehrfach zum Nobelpreis vorgeschlagene Kazantzakis, Weltruhm erlangte.
Der Erzähler, ein intellektueller Schreiberling, pachtet auf Kreta ein Braunkohlebergwerk, um „der Tintenkleckserei“ zu entsagen, um wieder Mensch zu werden. In einer Hafenkneipe lernt er den Helden des Buches, einen Mazedonier in den Sechzigern kennen, Alexis Sorbas. Die Begegnung mit diesem Naturereignis von einem Mann, einem Freigeist und Herumtreiber, eröffnet dem jungen Schriftsteller eine neue Sicht auf das Leben, die Liebe und alle Unwägbarkeiten des menschlichen Daseins. Alexis lehrt den Ich-Erzähler >das Leben zu lieben und den Tod nicht zu fürchten<.
Dieser vielfach preisgekrönte Roman wurde, mit einem grandiosen Anthony Quinn in der Hauptrolle, zum unvergesslichen Filmklassiker, der 1965 in die deutschen Kinos kam. Die mitreißende Titelmusik des Films von Mikis Thoedorakis, „Zorba's Dance“ wird vielen noch im Ohr sein.
Fazit: Der Roman fasst die ewigen Themen des Lebens – Liebe, Tod und Teufel – in einer Liebeserklärung an die Insel Kreta zusammen, die sicherlich auch jüngere Leser in ihren Bann ziehen wird.

veröffentlicht: Krautzone 5.Ausgabe Juni/Juli 2018

Buchrezension

GENDER GAGA
Autorin Birgit Kelle, Verlag adeo, Seitenzahl 188, 17,99€

>Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will<, lautet der Untertitel zu diesem Buch, in dem Birgit Kelle auf unterhaltsame Weise den Gender-Wahnsinn beschreibt, der sich in den letzten Jahrzehnten in unser aller Leben, in unseren Alltag eingeschlichen hat. Der Geist ist aus der Flasche, verunglimpft unsere Sprache mit kuriosen Auswüchsen. Da gibt es die verschiedensten Möglichkeiten, um alle Geschlechter anzusprechen. Bitgit Kelle listet auf: Unterstriche, Sternchen, @-Zeichen, usw. Grauen breitet sich aus im Land der großen Dichter. Gender macht weder vor Verwaltungen, der Kirche, Ampeln und Klotüren halt. An den Universitäten gibt es mehr als 200 Genderlehrstühle, so klärt uns die Autorin auf, die viel Geld kosten und deren Sinn und Nutzen sich nur schwerlich erschließt. Da es beim Gendern auch immer um Sex geht, erfasst dieser Irrsinn auch unsere Kinder. Gendergerechtes Spielen reicht nicht mehr aus, um unseren Nachwuchs auf die richtige Spur zu bringen. Die Lehrpläne der Schulen befassen sich mit der sexuellen Vielfalt nicht nur im Sexualkundeunterricht, sondern fächerübergreifend. Sollte der Leser jetzt nicht auf dem Laufenden sein, über das, was in unseren Schulen geschieht, und ahnungslos mit den Schultern zucken – Birgit Kelle berichtet, was sich da bereits in der Grundschule alles abspielt. Und wem das missfällt, der wird als Toleranzgegner, Christ oder homophob eingestuft.
Das ist nicht Absurdistan. Das ist keine Satire, sondern die Realität in unserem Land. Das Buch ist ein Aufruf diesem GAGA etwas entgegenzusetzen.°

veröffentlicht: Krautzone 8.Ausgabe Dezember/Januar 2018/2019

Buchrezension

Die Hohe Stiege
Autoren Carl Zuckmayer, Norbert Bumann, Illustrationen Hans-Peter Bumann,
knapp-verlag.ch, Seitenzahl 48, 13€

Carl Zuckmayer, einer unserer großen deutschen Schriftsteller, den meisten bekannt durch seine, zum Teil auch verfilmten Werke wie „Der Hauptmann von Köpenick“, „Des Teufels General“, „Die Fastnachtsbeichte“, schrieb 1966 die Erzählung „Die Hohe Stiege“, die als Epilog in seinem Buch „Als wär`s ein Stück von mir“ erschienen ist. Er beschreibt dort eine Wanderung an einem Juliabend im Jahre 1938, als er mit seiner Frau auf dem Kapellenweg zum Bergdorf Saas-Fee, in der Schweiz, unterwegs ist.
In Gedenken an den großen Literaten wurde dieser Text 2018 in einer limitierten Sonderausgabe, mit Unterstützung der Gemeinde Saas-Fee und Förderung durch den Verein „Freunde des gepflegten Buches“ (www.freunde.knapp-verlag.ch), erneut veröffentlicht. In diesem Büchlein wird auch der Carl-Zuckmayer-Wanderweg beschrieben, der 1996, zum 100. Geburtstagstag des Schriftstellers, in Saas-Fee angelegt wurde. Dieser Weg führt an 5 Serpentinsteinen vorbei, in die ein ortsansässiger Steinbildhauer markante Zuckmayer-Zitate eingemeißelt hat.
Interpretationen zu den Zitaten, eine kurze Beschreibung des Wanderweges und einige Illustrationen und Fotos bringen dem Leser Zuckmayers Wahlheimat näher. Das Büchlein ist eine Hommage an das Bergdorf Saas-Fee, in dem Carl Zuckmayer die letzten zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte und dort auch seine letzte Ruhestätte fand.

>Heimat ist nicht, wo man geboren ist, sondern, wo man zu sterben wünscht.<
(Carl Zuckmayer, geb. 1896, Nackenheim/Rhein, gestorben 1977, Saas-Fee/Wallis)

veröffentlicht: Krautzone 10.Ausgabe April/Mai 2019